Culture Jamming

Culture Jamming Esso

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„we’re not really doing anything illegal, we’re just borrowing a stage“

(00:27:00)

Die subversive Technik Détournement, die Marcel bereits vorgestellt hat, findet auch Anwendung bei der aktuellen Bewegung Culture Jamming

Hierbei handelt es sich ebenfalls um Zweckentfremdung, jedoch im Hinblick auf (Konsum-)Kritik.

Im Vordergrund steht das Umdeuten von kommerziellen Botschaften sowie das Umfunktionieren dieser Botschaft hin zu einer kritischen Perspektive. Dabei dienen unter anderem Werbeplakate als Mittel der Verfremdung.

Kommerzielle Botschaften werden durch minimale Veränderungen in einen neuen Kontext überführt – die Aussage wird dadurch subversiv verändert. Mithilfe der Verfremdung können auf den üblichen Werbeplattformen bestimmte Sujets problematisiert werden. Culture Jamming stellt somit eine öffentliche Kommunikationsplattform dar, quasi ein Sprachrohr von unten. Dabei fließt stets eine Wertung und Stellungnahme des Autors in den Verfremdungsprozess ein, wie beispielsweise bei dem Esso-Logo.

Verfremdung als ästhetische Taktik

Nach Brecht ist Verfremdung eine ästhetische Taktik, bei dem man das Selbstverständliche/Bekannte/Einleuchtende nimmt und darüber Staunen und Neugierde erzeugt. Dabei werden belehrende Elemente einmontiert, die den Fluss des Spiels unterbrechen und im Gegensatz zur ursprünglichen Aussage stehen (vgl. Brecht in Schober, 2009, S. 36).

(c) by wins.failblog.org

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Verfremdung, Collagen, Montage, Zertrümmerung oder Parodie sind Verfahren, mit deren Hilfe gewohnte Formen des öffentlichen Sich-Austauschens – der Wahrnehmung, der Selbstdarstellung, des Erzählens, des Kommunizierens – problematisiert und Umstände diskutiert werden können (vgl. Schober, 2009, S. 34).

Das Potential in den Verfremdungs-Techniken liegt darin, mit Hilfe des Überraschungsmoments eingefrorene Sichtweisen und Weltbilder aufzubrechen. Ziel des Culture Jammings ist es, die Blickperspektive zu wechseln, zu überraschen und somit Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Thematik zu lenken.

Humor als Inszenierungsmittel

Als häufiges Inszenierungsmittel dient dabei die Verwendung von Humor und Ironie. Ein humorvoller Umgang schafft es Tabuisiertes aussprechbar zu machen und agiert als machtreduzierendes Instrument. Der humorvolle Mensch ist nach Freud fähig, sich selbstkritisch neben sich zu stellen und Situationen von außen zu betrachten. Auch Jean Paul stellt fest, dass der „Erbfeind des Erhabenen das Lächerliche ist“ (vgl. Volmer, 2009). So wundert es nicht, dass beim Culture Jamming oftmals ein amüsierter Umgang mit dem Original stattfindet. Durch den Einsatz des Humors wird das Erhabene – ein Konzern beispielsweise – erniedrigt, was zu einer Relativierung führt. Das Herbeiführen des Lachens ist eine „versteckte Form der Machtausübung“: man kann nicht nur die Vorlage erniedrigen, sondern auch Macht gewinnen (vgl. Volmer, 2009).

(c) by www.karmakonsum.de

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Zusammenfassend lässt sich sagen:

Culture Jamming bezeichnet antikommerzielle Fakes, die sich dem kommerziellen System bedienen und es mit seinen eigenen Mitteln schlagen. Hierunter lässt sich auch die spezielle Form Adbusting fassen. Legales Adbusting wurde in Berlin bereits 2008 umgesetzt: in einem Berliner U-Bahnhof durften subversive Plakate unter kontrollierten Umständen hängen. Ob das noch dem eigentlichen Zweck entspricht, sei hier mal in den Raum gestellt. Mehr zum Thema Culture Jamming und viele Beispiele findet ihr auf Konsumpf sowie in der amerikanischen Dokumentation Culture Jam Documentary.

 

Quellen:

Schober, A.  (2009). Ironie,  Montage, Verfremdung. Ästhetische Taktiken und die politische Gestalt der Demokratie. München: Fink.

Volmer, S. (2009). Hitler als komisches Sujet. Marburg: Tectum.

Die Guerilla strippt endlich weiter: Theorie 1.SUBVERSION

tit revolution (c) by pkfortyseven

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Vor Urzeiten haben wir begonnen, uns nackig zu machen – aber nur sprichwörtlich. Wir wollten das Wesen der Nachhaltigkeits-Guerilla ergründen und einen thereotischen Strip hinlegen. Ich glaube wir sind irgendwo bei der Jacke oder Mütze hängen geblieben und sind dann eingeschlafen. Jetzt gehts endlich weiter. Licht aus, Musik an …

Heute fangen wir  mit dem Begriff der Subversion an. Subversion bedeutet im Allgemeinen soviel wie umstürzen oder umkehren. Im Kern geht es um die Aktivität eines Schwächeren in einem politischen Umfeld mit einer etablierten Herrschaftspraxis, einem dominanten Kollektiv und festgelegten Routinen (vgl. TERKESSIDIS 2009, S.21). Mitunter werden durch subversive Aktivitäten Innovationskräfte freigesetzt, wenn auf das Umstürzen bestehender Traditionen oder Herrschaftsverhältnisse abgezielt und damit ein Vakuum für Neues geschaffen wird.

Dabei unterscheidet sich das Subversive grundsätzlich von anderen Widerstandsformen wie z.B. dem Protest, der auf einen Dialog mit den Herrschenden setzt oder dem Kabarett, das eine kritisch-ironische Distanz zu denAutoritäten schafft. Während diese Widerstandsformen meistens einen stabilisierenden Effekt auf Machtsysteme haben, wollen subversive Kräfte sie demontieren. Dabei operieren sie oftmals im Verborgenen und bedienen sich unterschiedlicher Taktiken und Strategien.

Die Subversiven können Hegemonien direkt von ‚außen’ attackieren oder sie unterwandern Machtsysteme von innen und zersetzen sie langsam. In der jüngeren Geschichte gab es diverse prominente subversive Bewegungen, von den Dadaisten, über die Cultural Jammers zur Roten Armee Fraktion. Diese Bandbreite zeigt die Unschärfe des Begriffs auf. Man kann den Begriff nach Ernst in seinen historischen Verwendungen voneinander abgrenzen (vgl. ERNST et. al. 2008, S.12ff.):

  1. Die politisch-revolutionäre Subversion wird aus der Sicht der Herrschenden eingeordnet. Sie bezeichnet jene Gruppen, die eine bestehende Herrschaft mit einem „revolutionären Akt oder Prozess radikal umstürzen wollen“ (ebd., S.13). Diese Kategorie wird gemeinhin mit Terror gleichgesetzt, wie ihnAl-qaida oder Hamas betreiben.
  2. Die künstlerisch-avantgardistische Subversion wird vorwiegend durch Kunstbewegungen forciert. Hier werden vorherrschende Zeichensysteme durch „einzelne spielerische Akte exemplarisch“ (ebd., S.13) außer Kraft gesetzt. Als Beispiele dieser Kategorie können Bewegungen wie die Surrealisten, die Situationisten oder die Kommunikationsguerilla genannt werden.
  3. In der minoritären Subversion erheben sich einzelne diskriminierte Minderheiten gegen die ethnische, sexistische oder ökonomische Unterdrückung durch die Mehrheitsgesellschaft. Dabei können sie durch Vorleben ihres alternativen Lebensstils eine fundamentale Veränderung der Majorität herbeiführen.
  4. Im Begriff der dekonstruktivistischen Subversion beziehen sich Vertreter der Gender Studies und der Postkolonialen Theorie „auf die These, dass die Befreiung ‚minoritärer Identitäten‘ erst durch die Auflösung jener Matrizen[…], die sie konstruieren helfen, erreicht werden könne“ (ebd., S.14).

Die Nachhaltigkeits-Guerilla bewegt sich auf dem Pfad der (2) künstlerisch-avantgardistische Subversion. Wie Schäfer und Bernhard feststellen, sind subversive Praktiken nicht allein dem Subversiven vorbehalten, sondern „lassen sich in den Bereichen Kunst, Politik und Wirtschaft zur Kommunikation von Themen feststellen“ (SCHÄFER/BERNHARD 2008, S.74). So werden sie mit Vorliebe auch von Marketing und Public Relations entdeckt und gebraucht.

(Die nächsten Theorie-Beiträge sind gesondert kennzeichnet und kategorisiert. Es geht in einer Woche weiter mit der Situationistischen Internationale.)

Quellen

ERNST, Thomas et. Al (2008): SUBversionen. Eine Einführung. In: Ernst, Thomas et. Al. (Hrsg.): Subversionen. Zum Verhältnis von Politik und Ästhetik in der Gegenwart. Bielefeld: transcript Verlag. S.9-26.

SCHÄFER, Mirko Tobias / BERNHARD, Hans (2008): Subversion ist Schnellbeton! Zur Ambivalenz des ‚Subversiven‘ in Medienproduktionen. In: Ernst, Thomas et. Al. (Hrsg.): Subversionen. Zum Verhältnis von Politik und Ästhetik in der Gegenwart. Bielefeld: transcript Verlag. S.27-46.

TERKESSIDIS, Mark (2008): Karma Chamäleon. Unverbindliche Richtlinien für die Anwendung von subversiven Taktiken früher und heute. In: Ernst, Thomas et. Al. (Hrsg.): Subversionen. Zum Verhältnis von Politik und Ästhetik in der Gegenwart. Bielefeld: transcript Verlag. S.69-88.