Der 20. März ist Kackstadtinterventionstag

Ein Blick in den Kalender verrät es. Heute ist Frühlingsanfang. Zeit für Frühlingsgefühle und FRÜHJAHRSPUTZ! Doch momentmal, ich habe ja gar keinen funktionsfähigen Staubsauger! Schnell die Stiefel übergezogen und auf zum Kackstadt am Hermannplatz.

Den Weg dahin versüße ich mir mit einem Schaufensterbummel. In der Auslage vom Buchhandel in der Hobrechtstraße liegt ein interessantes Buch: „Glossar der Interventionen“. Wow, denke ich mir, das schaue ich mir mal näher an. Ich gehe in den Laden, blättere im besagten Buch und muss kichern: Es gibt unendliche viele verschiedene Formen der Invervention. Und jede Branche definiert sie anders. Versicherungsagenturen, das Militär, Coaches und Aktivisten…

Vor ein paar Jahren, als ich noch den Master in Community Development in München anstrebte, hatte ich vor, über „Interventionen im öffentlichen Raum“ eine Arbeit zu schreiben. Hatte ich dann aber gelassen.

Kurz krame ich in der Brieftasche und überlege, die knapp 20 Euro für das Buch auszugeben. Doch dann fällt mir wieder ein, wofür ich eigentlich losgegangen bin. Ich brauchte ja einen Staubsauger. Ich verlasse den Buchhandel und gehe meinen Weg zum Kackstadt weiter.

Ein Blick auf die Straßen gibt mir recht: Heute ist definitiv nicht Frühlingsanfang, heute ist Kackstadtinterventionstag.

STRAßENZEITUNG, STADTFÜHRUNGEN, OBDACHLOSENUNI & CO. Wohnungslose Gemeinsam Aktiv!

„Obdachlose sind arm dran!“, so die gängige Meinung. „Obdachlosen muss geholfen werden!“, eine weitere gängige Meinung. Diese Meinungen sind in vielen Fällen sicherlich auch richtig. Wohnungslose Menschen oder Menschen mit Armutserfahrungen verfügen aber auch häufig über vielfältige Ressourcen, die aufgrund ihrer aktuellen Lebenssituation verschüttet sind und nur darauf warten, geweckt zu werden. Manchmal bedarf es nur einer geeigneten Initialzündung, einer Idee oder eines Unterstützungsangebotes, dass sie sich ihrer Möglichkeiten bewusst werden, sich zu beteiligen und aktiv an der Verbesserung ihrer Situation mitzuwirken.

(Abbildung: (wohnungsloser) Stadtführer der Nebenschauplätze; Bildquelle: Hinz und Kunzt gemeinnützige Verlags- und Vertriebs GmbH)

Es gibt bereits zahlreiche Beispiele, wie sich wohnungslose Menschen engagieren. So nutzen z.B. Wohnungslose ihre speziellen Stadtkenntnisse, um eigenwillige Stadtführungen anzubieten – mit großem Erfolg. Andere wiederum haben ihre Begeisterung für Kultur entdeckt: ob als Schauspieler_innen im Obdachlosentheater, als Sänger_innen im Straßenchor, als vortragende Autor_innen im Vagabunden-Slam oder als auch Fotograf_innen mit einem ganz eigenem Fokus. Andere nutzen ihre Zeit sportlich z.B. als Libero im Homeless-Worldcup oder berichten als Lehrer_innen von ihren Erfahrungen an Grundschulen, Gymnasien oder in eigens gegründeten ‚Obdachlosen-Unis‘.

(Abbildung: Bertram Lattner, wohnungsloser Dozent in der Obdachlosen-Uni Berlin, Bildquelle: Jan Söfjer)

Mehr noch: Wohnungslose machen Radio und TV, schreiben in Straßenzeitungen und -Blogs, bauen Häuser, legen Gärten an, kochen (halb-)öffentlich, bedrucken T-Shirts in der hauseigenen Siebdruck- werkstatt oder reparieren Fahrräder. Und einige versuchen sich als Händler_innen von Trödel und Büchern oder als Imbissverkäufer_innen am eigenen Imbissstand.

(Abbildung: Apropos-Sendungsteam; Bildquelle: www.radiofabrik.at)

Viele dieser Projekte werden in der nachfolgenden Best-Practice-Sammlung dargestellt und machen deutlich, wie vielfältig Menschen in besonderen Lebenssituationen ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten zu nutzen wissen. Wohnungslose, die durch ihr persönliches Engagement einen neuen Platz im Gemeinwesen finden, gewinnen ihre Souveränität zurück – und nicht nur ihre Konsumentensouveränität, wie Birgit Wiese (vgl. Wiese, Birgit (2008): Konsumentensouveränität im Bereich sozialer Dienstleistungen: Ein Mittel der sozialen Integration? Eine qualitative Studie am Beispiel der Obdach- und Wohnungslosenhilfe, Berlin) beschrieben hat, sondern eine Souveränität in allen Bereichen des Lebens.

Im zweiten Teil der Publikation werden bereits vorhandene Netzwerke vorgestellt, die lokal, überregional oder auch europaweit verankert sind. Bei allen Netzwerken steht im Vordergrund, nicht über die Schicksale von Wohnungslosen zu entscheiden, sondern mit ihnen. Im letzten Teil werden schließlich verschiedene, wegweisende Publikationen zum Thema ‚Gesellschaftliche Teilhabe von Wohnungslosen und von Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen‘ vorgestellt.

Viel Vergnügen beim Lesen und lasst Euch inspirieren!

Link zur Publikation

Stadtmöbel statt Möbel und Untersuchung „Ohne Wohnung 11-12“

Es gibt Stadtmöbel, wie Bänke, Stühle, Tische und öffentliche Grillplätze. Für Jedermann – meint man. Stimmt aber nicht so ganz, wie Jasmin bereits im Beitrag Reclaim the streets anschaulich geschildert hat. Folgendes Foto treibt den Mangel an Verständnis vom „gutbürgerlichen Anwohner“ auf die Spitze:

Wer auf dieser Bank sitzen will, muss Münzen einwerfen, damit die Nägel auf der Sitzfläche runtergefahren werden… Ist eine Kunstinstallation, hilft aber zu verstehen, was Vertreibung vom öffentlichen Raum bedeutet.

Ein ganz anderes Modell des Stadtmöbels ist Studenten an der TU Berlin gelungen:

(Bildquelle: Pressestelle der TU)

Mit ein paar Handgriffen werden aus den Sichtschutzkästen in den Fensternischen der Umkleidekabinen (von Schulen und Sportvereinen) Betten für kalte Tage.

Doch wie geht (ging) es Wohnungslosen wirklich? Hierzu wurde eine Umfrage vom Armutsnetzwerk entwickelt. Der Zweck der Untersuchung „Ohne Wohnung 11-12.“ ist es, die Politik mit der Realität und den bestehenden Gesetze zu konfrontieren. Den Wohnungslosen soll eine Stimme im Prozess der Politikgestaltung geben werden. Es sollen Empfehlungen für die politische Gestaltung entwickelt werden. Die Ergebnisse der Untersuchung werden den Beteiligten auf europäischer Ebene präsentiert werden (EAPN, FEANTSA,…).

Theorie 4: Derivé – Spielerisch die Stadt erkunden

mapping the city (c) by milva stutz

mapping the city (c) by milva stutz

Nachdem ich mich das letzte Mal mit Spiel und Spektakelauflösung beschäftigt habe, ist es nun an der Zeit konkrete subversive Techniken der Situationistischen Internationale (SI) zu beleuchten. Heute fangen wir mit der Ersten an:

Dérive

Dérive ist das ziellose Umherschweifen in abwechslungsreichen Umgebungen. Dabei ähnelt es weniger einem erholsamen Spaziergang, sondern vielmehr einer forschenden Erkundung. Man verzichtet für eine gewisse Zeit auf Gewohnheiten und distanziert sich von allem Bekannten. Dann lässt man sich in einem emotionalen Spiel auf die Versprechungen eines Raumes ein und folgt z.B. den anziehenden und abstoßenden Ecken einer Stadt. Hier werden die Wirkungen, die der Raum auf die Psyche ausübt, von den Umherschweifenden studiert und hinterfragt. Es geht im Kern darum, Neues zu entdecken oder Vertrautes als fremd wahrzunehmen. Die untersuchten Ergebnisse sollten in Karten eingezeichnet und so  psychogeographische Zusammenhänge sichtbar gemacht werden (=Psychogeographie beinhaltet die Forschung über die Auswirkungen von geographischen Gegebenheiten auf die Emotionen von Menschen).

Daraufhin können neue Ideen entwickelt und im urbanen Raum integriert werden. Eine Idee war beispielsweise, kleine Brücken zwischen Hausdächern zu bauen, so dass Bürger auf den Dächern entlang wandern und mit einer anderen Perspektive die Welt betrachten können. Psychogeographische Karten zielen nicht darauf ab, „beständige Kontinente genau abzugrenzen, sondern die Architektur und den Urbanismus umzuwandeln“ (SI-REVUE 2008e). Man wollte die alltägliche Lebenswelt radikal umbauen und so den Menschen zu neuen spielerischen Situationen einladen.

Der Umherschweifende Guerillero

Damit ähnelt die Motivation eines Umherschweifenden grundsätzlich dem Forscherdrang eines Nachhaltigkeits-Guerillero bzw. Nachhaltigkeits-Hacker. Man lässt sich bedingungslos und spielerisch auf virtuelle Räume ein und erkundet sie, mit dem Ergebnis, darin Änderungen hervorzurufen. Jedoch wird der ursprüngliche Anwendungsbereich des Umherschweifens durch dogmatische Vorgaben der SI stark eingegrenzt und durchdefiniert. In der festgelegten Vorstellung der SI ist das Umherschweifen nämlich mit zwei bis drei Personen am fruchtbarsten und sollte idealerweise vom Aufwachen bis zum Einschlafen dauern, wobei Gewitter und kurze Schauer das beste Wetter darstellen, um neue Entdeckungen zu machen. Dabei umfasste das Umherschweifen eine genaue Definition des Ausgangspunktes und der möglichen Stoßrichtungen, usw. (vgl. SI-REVUE 2008e).

Wenn man Dérive jedoch als zielloses Konzept begreift und sich mit Zeit, Leidenschaft und Neugier losgelöst von Gewohnheiten auf Dinge spielerisch einlässt, produziert dies neue Erkenntnisse, die als Grundlage für mächtige Innovationen dienen können. Das kann sowohl im Real-Raum – der Stadt, dem Dorf, das Land – oder im virtuellen Raum ausprobiert werden. Die Nachhaltigkeits-Guerilleros verstehen sich sowohl als Online-Umherschweifer als auch als Stadtvagabunden. Wir erkunden Räume, starten Experimente und wollen so Nachhaltigkeit für neue Themengebiete fruchtbar machen.

(Beim nächsten Mal folgt die nächste subversive Technik der SI: Détournement.)

Quelle

SI-REVUE (2008e): Theorie des Umherschweifens. In: Online-Ausgabe der Zeitschrift der Situationistischen Internationale Nr.2 von 1958. Übersetzung von 1976.

.: Stadtkultur verstehen – Dissonanzen erzeugen :.

aufgenommen in der U-Bahn-Station Rosenthaler Platz, Berlin Januar 2010

Im urbanen Raum spricht Baudelaire von „Ennui“ [Langeweile], die sich bei seinen Bewohnern einstellt. Die „Ennui“ begründet sich in der Sphäre der Oberflächlichkeit, in der wir uns alltäglich bewegen. Wir begegnen einem Netz aus fremden Personen morgens auf dem Weg zu Arbeit, beim Einkaufen, beim Umherlaufen oder beim Feiern. Es ist ein Raum der allen gemein ist, dadurch erscheint er „weniger bedeutsam als jenes ‚wirkliche Leben‘, das sich im Inneren jedes Einzelnen abspielt“ (Sennett, 1990, S. 160). In diesem Gegensatz zwischen Innen und Außen äußert sich die Langeweile und resultiert in der Annahme, nichts dort draußen sei meiner würdig.

Die moderne Großstadt überwindet die großstädtische Ennui

Nach Baudelaire kann jedoch die moderne Großstadt diese Langeweile überwinden und die Menschen veranlassen, sich nach Außen, statt nach Innen zu wenden (in Sennett, 1990, S. 161). Wenn die Großstadt Differenzen vermittelt, schafft sie es jene Langeweile zu überwinden und die Menschen orientieren sich aus dieser Mannigfaltigkeit heraus neu. Nach der Chicagoer Schule (bei dem der persönliche Geist ebenfalls im Kontrast zum unpersönlichen Kollektiv steht) besteht die urbane Kultur im „Erleben und Erfahren von Unterschieden von Klassen-, Alters-, Rassen- und Geschmacksunterschieden“ (Sennett, 1990, S. 165) im öffentlichen Raum. Dabei ist die Großstadt von einer anderen Ordnung geprägt: durch die Abwesenheit der moralischen Ordnung ergibt sich eine bruchstückhafte Ordnung, die sich durch die unterschiedlichen Bewohnern konstituiert. Aus diesem Gros an Gebrochenheit und Differenz ergeben sich für die Bewohner „segmentierte Rollen“: der Städter wechselt die Orte und Aktivitäten schneller. Sennett beschreibt den urbanen Städter als „Chamäleon“ (1990, S. 167). Das „fragmentierte Selbst“ ist empfänglicher für Anregungen aus der Außenwelt und überwindet die großstädtische „Ennui“. Dadurch hat er die Möglichkeit aus sich herauszutreten und den urbanen Raum für sich zu nutzen und mitzugestalten.

Berlin als Exempel einer modernen Großstadt

Nach Baudelaire kann die Großstadt „statt Ganzheit […] die Erfahrung von Differenz vermitteln“ (Sennett, 1990, S. 161). In Berlin erleben wir ein anonymes Netz das im Gegensatz zum Individuum steht. Jedoch ist Berlin eine heterogene und moderne Großstadt – sie vermittelt Differenzen und Mannigfaltigkeit an vielen Ecken. Es entspricht dem modernen Geist nach Baudelaire, der gekennzeichnet ist durch „das Vergängliche, das Flüchtige, das Zufällige“ (in Sennett, 1990, S. 164). In diesem Konglomerat an Unterschieden und Bruchstücken, findet der Berliner seine Freiheit. Das fragmentierte Selbst überwindet dabei den Raum zwischen Außen und Innen und tritt im öffentliche Raum an vielen Stellen in Kontakt und trägt somit wieder zur wahrgenommenen Mannigfaltigkeit der Stadt bei. Notes of Berlin versucht z.B. den öffentlichen Charakter Berlins festzuhalten. Hier werden Mitteilungen an Kiezkollegen oder eine öffentlicher Weihnachtswunschzettel festgehalten.

Prinzipien der modernen Großstadt

Aus dem Charakter von Differenz und Modernität ergeben sich verschiedene Prinzipien, die die Gestalt des öffentlichen Raums beschreiben. Zum einen die Zerbrechung der Linearität: Dieses Prinzip beschreibt das Nicht-Planbare, das eigentliche Leben, das geprägt ist von Spontaneität. Gerade Berlin weist viele Beispiele für die Zerbrechung der Linearität auf. Nicht nur geschichtlich zeigte sich Berlin häufig unvorhersehbar, auch aktuelle Beispiele wie Mediaspree Entern, zeigen, wie ein geplantes Vorhaben vorzeitig unterbrochen werden musste. Auch viele Zwischennutzungsprojekte brechen mit einstigen Nutzungskonzepten. Das zweite Prinzip beschreibt die Überlagerung von Unterschieden. Statt einem Nacheinander kommt es hier zu einem Übereinander. Am Kotti leben auf engem Raum unterschiedlichste Personengruppen nebeneinander. Alte Kneipen werden zu neuen Szenebars, Werbeagenturen siedeln sich an, Touristen gehen feiern, während dort weiterhin sozial schwache Personen wohnen.

Die Berliner Bürger haben – im Vergleich zu anderen Großstädten – noch viel mehr Gestaltungsraum, was den Bewohnern mehr Freiheiten bietet und ihn stärker mit der Außenwelt in Kontakt treten lässt. Das dadurch sichtbar werdende fragmentierte Selbst lässt sich – laut Baudelaires Glaube an die Mannigfaltigkeit – auf den Straßen beobachten (in Sennett, 1990, S. 161). Dies sind interessante Perspektiven um Interventionen im öffentlichen Raum genauer zu betrachten. In vielen Stadtteilen Berlins gestalten die Bewohner ihren Raum aktiv mit. Sie erzeugen Dissonanzen und beziehen Stellung und tragen damit zu einer urbanen Lebenskultur bei.

Quelle: Sennett, R. (1990). Civitas: Die Großstadt und die Kultur des Unterschieds. Fischer: Frankfurt/Main.

Funkadelic Erotic City: Regional- und Stadtentwicklung


(George Clinton & Parliament – Funkadelic Erotic City)

Ausschlaggebend war der Blogeintrag vom Hannes, der in seinem Artikel ‚Blogs über Regional- und Stadtentwicklung‘ anrecherchiert, welche Blogs sich denn nun mit dem Thema (nachhaltige) Stadt- und Regionalentwicklung auseinandersetzen. Leider hat die Kommentar-Funktion heuer nicht so recht funktioniert, so dass ich meinen Kommentar einfach als eigenen Blogeintrag bei der Nachhaltigkeits-Guerilla verfasse:

Hey Hannes, mir fallen da noch folgende ein (sind alle unter der Rubrik ‚Schöner Leben‘ in unserer Blogroll)

www.quartiersforschung.de/
http://aaa-bremen.blogspot.com/
www.citydidactics.tumblr.com/
www.regulategentrification.wordpress.com/
www.quarternet.de/
www.spaceflaneur.wordpress.com/
www.stadtsafari.org/
www.streetsareforpeople.org/blog/
www.urbanneighbourhood.wordpress.com/
www.urban-research-institute.org
www.blog.urbanaut.org/
www.urbanophil.net/

…ich hoffe, ich konnte Dir weiterhelfen

urban interactions & human diversity (bzw. der Skater als Stadtentwickler)


(Craig Stecyk und Stacy Peralta / Bildquelle: allmoviephoto.com)

„skaters by their very nature are urban guerillas: they make everyday use of the useless artifacts of the technological burden, and employ the handiwork of the government/corporate structure in thousand ways that the original architects could never dream of.“, Zitat Craif Stecyk, Fotograf der Z-Boys

Das Schöne am Themenfeld Nachhaltigkeit, Community Development, Urban Interaction, Stadtentwicklung etc. ist, dass man alles rein packen kann, wenn man bloss um eine winzige Ecke denkt (Breakdance, Street Art, Hip Hop und jetzt auch Skateboarding!). Super zu wissen, dass ich schon immer Nachhaltigkeit gelebt und geliebt habe, und dieses, ohne es zu wissen! Der erste public skate park in the City of Miami ist ein Eintrag auf urbancityarch wert: „These kinds of interesting urban interactions are what makes dense cities interesting incubators of human diversity, drama, and spontaneity.“ (Zitat: urbancityarch)

Der Skater als Stadtentwickler. Der Skate als Incubator of human diversity. Interessante Gedanken, nur noch nicht überall angekommen…:

Nachtrag vom 09. Dezember 2009 An dieser Stelle gebe ich einem Kommentar von Scal recht. Das Video hat nicht sooo viel mit dem Artikel zu tun. Vielleicht an dieser Stelle lieber ein Video von Paul Rodriguez…(?):

StadtWild


(Intro zu „Als die Tiere den Wald verließen“)

Wir hatten vor einiger Zeit auf die Idee aufmerksam gemacht, Tiere im U- und S-Bahn-Netz nachzuzeichnen und abzufahren (vgl. Walfahrt 2009). Auch hatten wir einen Film von Alex Horner, „Urban Nature“, vorgestellt, indem Herr Horner Aufnahmen von allerlei niedlichen Tieren hinter S-Bahn-Waggons etc. präsentiert.

Nun ist ein neuer Film entstanden. Er heisst „Wild in Berlin“ von Reinhard Schädler und Hans-Jürgen Büsch (Erstausstrahlung am 17. September 2009, arte, 19 Uhr).

Die Bilder, die auf dem dazugehörigen Blog www.wild-in-berlin.de erinnern ein wenig an das Thema „Renaturierung der Stadt“, „Rückeroberung der Stadt durch die Tiere“ etc.

In Berlin wurden mitunter auch schon Füchse, Hasen, Bären und Fische gesichtet (vgl. „Wall Rabbits“ bzw. die Flickr-Serie „stencils showing animals“).

(Bildquellen: Flickr-Serie „stencils showing animals“ (Bilder 1 bis 4); „Wall Rabbits“ (Bild5))

Viel Lärm um nichts?

Spiegel Online

Eröffnung des BMW Guggenheim Labs in Berlin (Quelle: Spiegel Online)

Am Freitag eröffnete in Berlin das lang umstrittene BMW Guggenheim Lab. Wie bereits umfassend berichtet (u.a. in der Berliner Morgenpost), entschied sich das Lab nach Protesten in Kreuzberg für den Prenzlauer Berg als Standort. Die Eröffnung letzten Freitag, den 15. Juni am Pfefferberg hatte aber weniger Pfeffer als erwartet. Neben einer kleinen Demonstration, gab es vier Vorträge des Berliner Lab Teams zu sehen. Die dritte, wackelige Rede von Corinne Rose steckte scheinbar an: ein Besucher stand plötzlich ebenfalls auf wackeligen Beinen und klappte während ihrer Rede einfach rücklings um.

Schwarz vor Augen – eine weitläufige Reaktion? Schwarz habe ich zwar nicht gesehen, aber mein Puls schoss bei dieser Veranstaltung zugegebenermaßen auch nicht wirklich in die Höhe. Die Projekte sind eine Kombination aus soliden, aber wenig revolutionär anmutenden Ansätzen, wie der Fahrrad-Highway von Rachel Smith. Smith sprach darüber, dass sie in Australien aufgrund ihres Projektes für „absolutely crazy“ gehalten wurde. Nunja, ein Fahrrad-Highway… Diese Idee wurde schon öfters in meinem Umkreis diskutiert und man stimmte dem eher begeistert zu, als dass man uns für verrückt erklärte. Die Innovationskraft dieses Projektes, die sie vielleicht in New York oder Brisbane haben kann, scheint in einer europäischen und grünen Stadt wie Berlin etwas an Kraft zu verlieren (dass das Projekt dennoch in die richtige Richtung geht, möchte ich aber nicht bestreiten).

Gepaart mit ein paar Do-it-yourself-Workshops im Anschluss erschien das Gesamtbild der Veranstaltung jedoch eher zahm. An einem Stand von Etsy konnte man Weben, an einem anderen wurde unsere kreative Energie in selbstgenähte Handytaschen & Portemonnaies gesteckt, an einem anderen konnte man Designer-Hocker bauen. Die partizipativen Projekte zerstreuten eher die Gedanken und erzeugten Ergebnisse auf Hobby-Niveau. Soll hier wirklich kreatives Crowd-Thinking betrieben werden oder eher eine Beschäftigungsmaßnahme und ein pseudo-offener Ansatz verfolgt werden, weil der in Zeiten von Web 2.0 so angesagt scheint?

Einen ähnlich Eindruck hinterließ auch das Makerlab auf der DMY. Ein Symbol als Logo (oder ein Logo als Symbol) für Menschenrechte:

Prinzipiell eine interessante Idee. Als Besucher wurde man dazu angehalten das Logo zu verändern, neue Gestaltungsräume zu entdecken und somit die Belastbarkeit der Wiedererkennung zu testen. Das Logo an sich ist allerdings unantastbar! Man fühlte sich dann doch eher als Milchkuh, deren Kreativ-Euter angezapft werden sollte. Denn wirkliches Mitdenken im Sinne von Kritik war nicht mehr gefragt, sondern nur ein spaßiger Umgang mit der Vorlage.

Mir scheint als könne die Brücke zu den dahinterliegenden Themenkomplexen trotz engagierter Beschäftigungsmaßnahmen und Handwerker-Bastel-Lager nicht gebaut werden. Da werden Räume und Foren geschaffen, in denen endlich jeder mitarbeiten kann, absolute Transparenz und Demokratie herrscht, aber dennoch sind die Projekte so angelegt, dass man eher als fleißiger Zuarbeiter und weniger als Mitarbeiter agiert. Die Teilnahme wird dadurch meiner Meinung nach zu trivial und verliert ihren Reiz… Vielleicht gibt es aber auch bessere Beispiele oder dieses Projektprinzip steckt noch in Kinderschuhen und muss erst wachsen, um sich zu verbessern. Die beiden letzten Erfahrungen haben aber leider Zweifel aufkommen lassen, ob organisierte Veränderung à la „selbst gemacht“ überhaupt möglich ist.

Anti-Touri-Tour

Oft zieht es Touristen zu den Sehenswürdigkeiten einer Stadt: alte Paläste, große Monumente und geschichtsträchtige Begegnungsstätten, mit denen sich eine Stadt schmückt. An ihnen wird die Besuchswürdigkeit und historische Relevanz der Stadt gemessen – und das Prädikat „sehenswürdig“ vergeben.

(c) by Michael S.

Ein Gedankenexperiment

Wie wäre es sich mal eine Stadt ohne Sehenswürdigkeiten anzusehen? Oder zumindest abseits dieser? Hier setzt die Idee der Anti-Touri-Tour an: Es werden nur Orte angesteuert, die unsehenswürdig sind. Auch die von ZDFkultur gestartete „Anti-Sightseeing-Tour“ will Städte ohne große Sehenswürdigkeiten sehenswert machen. Wie? Durch die kleinen, ungesehenen Aspekte, die eine Stadt lebenswert machen. Doch eine Anti-Touri-Tour könnte noch mehr erreichen, als nur wieder zur Aufwertung einer Stadt im klassischen Sinne beizutragen.

In Duisburg könnte die Anti-Touri-Tour vom Love-Parade-Tunnel, mit einer Besichtigung der genauen Unglücksstelle, über das Headquater der Bandidos hin zum italienischen Mafia Restaurant, bis nach Marxloh führen, dem „sozialen Ghetto“ Duisburgs.
Oder stellen wir uns vor nach Erfurt zu reisen, um dort die Route des Amokläufers nachzuvollziehen. Ausgestattet mit einem Leitfaden, folgen wir Markierungen auf dem Boden, die uns ein Gefühl für Raum und Zeit der Tat geben und somit auch für das Schrecken. Denken wir einen Schritt weiter. Wie wäre ein digitales Egoshoot-Spiel im realen Raum, in dem wir den Amokläufer selbst spielen, die Tat durchlaufen und sogar noch erfolgreicher aus dem Kampf herausgehen könnten. Makaber. Vielleicht.
Wieso konzentrieren wir uns immer nur auf jene Orte, die vorzeigbar sind? Wieso soll nicht auch mal eine Auseinandersetzung mit Problemen, dem Vergessenen oder Verdrängten und somit eine Konfliktverarbeitung stattfinden? Weil es unbequem ist. Vielleicht.

Die Stadt aus der Perspektive des Verdrängten

Schönheitsflecken, soziale Brennpunkten oder kriminelle Zentren bringen Schande über die Stadt, werden versteckt und sollen nicht das Image stören oder gar repräsentieren. Lediglich positiv besetzte Eigenschaften, wie Wissenschaftsstadt, Messestadt, Jugendstilstadt, etc. werden herausgekehrt. Nicht jedoch: kriminellste Stadt, lauteste Stadt oder Stadt mit der höchsten Arbeitslosenquote Deutschlands. Aber zeigt das hingegen nicht das eigentliche Gesicht der Stadt? Am Rand der Gesellschaft liegt doch das vermeintlich Authentische und somit die wahre Seele einer Stadt. Wenn Sehenswürdigkeiten immer nur das stilisierte und idealisierte einer Stadt vermitteln, dann würde das im gleichen Zuge doch auch bedeuten, dass genau dadurch gar kein authentisches Bild der Stadt gezeigt werden kann, durch eine Anti-Touri-Tour hingegen schon eher? [Was aber die Grundfrage danach aufwirft, wo sich das „Authentische“ auffinden lässt. Ob es nur durch Inszenierungen wie z.B. im Rahmen einer Tour zugänglich wird und ob es uninszenierte Authentizität überhaupt geben kann. Gerade wenn es um die Darstellung problematischer oder vergangener Orte geht, und diese visuell faktisch erscheinen wollen, müssen sie sich wiederum inszenieren und nehmen somit vielleicht wieder Strukturen einer Sehenswürdigkeit an.]

Als Tourist ist man immer einem inszenierten Dispositiv ausgesetzt. Einer vorzeigbaren bzw. vorgezeigten Stadt. Die ausgeschnittenen Elemente sind auf den ersten Blick unsichtbar und deshalb für den normalen Touristen nicht zugänglich. Weshalb sollte man die Stadt nicht mal invertiert, quasi als Bildnegativ betrachten? Die Anti-Touri-Tour soll genau das leisten: Städte von unten betrachten, aus der Perspektive des Verdängten.

Der Blick in die ausgestülpten Bereiche, fernab des Vorzeigbaren, verrät mehr über das wahre Bild einer Stadt, als jene Attraktionen, die ohnehin jeder zu Gesicht bekommt. Denn durch das Einnehmen einer anderen Perspektive wird der Ausdruck Parallelgesellschaft erfahrbar und die Unsichtbarkeit ausgegrenzter Personen im städtischen Gesamtbild wieder sichtbar. Das Theaterstück „Niemandsland“ des holländischen Regisseurs Dries Verhoeven verfolgte ebenfalls diese Idee: Niemandsland nahm den Besucher auf eine auditive Reise in Hannover, um ihm individuelle Schicksale und Geschichten von dort lebenden Migranten zu schildern. Ausgestattet mit Köpfhörern lief man durch bekannte Straßen und erhielt ungekannte Einsichten.

Etwas weniger makaber als eine Amok-Tour durch Erfurt, dafür leichter erträglich und deshalb schon praktiziert, sind die Zweite-Heimat-Touren in Neukölln bei denen Migranten ihre Sicht auf Berlin zeigen und den Besucher an verborgene oder alltägliche Orte führen, zu denen er sonst niemals durchdringen würde. Genau dort kann man die Stadt aus einer neuen Perspektive betrachten, den Schwierigkeiten der Integration von Türken näher kommen und für diese Problematiken sensibilisiert werden.

 

http://www.youtube.com/watch?v=ZV0Z7sUqpG0